Arglistige Täuschung
Anfechtung einer Erklärung wegen arglistiger Täuschung
Eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt vor, wenn jemand bei einem anderen vorsätzlich einen Irrtum hervorruft, um ihn zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen.
Die Täuschung kann durch Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber auch durch einfaches Verschweigen einer Tatsache hervorgerufen werden. Eine Täuschung durch Unterlassen (Verschweigen) liegt allerdings nur dann vor, wenn eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des verschwiegenen Umstands besteht. Arglistig verschweigt also, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragspartners erheblich ist, nach Treu und Glauben diesen Umstand mitzuteilen verpflichtet ist und ihn nicht offenbart.
Das arglistige Handeln erfordert zumindest Vorsatz, eine gezielte Absicht ist nicht erforderlich. Der arglistig Handelnde muss die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten.
Neben der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung regelt der § 123 BGB auch die Anfechtung aufgrund einer widerrechtlichen Drohung.
Anfechtungsfrist
Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung kann gemäß § 124 BGB nur binnen einer Jahresfrist erfolgen. Die Anfechtungsfrist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt (also ab Kenntnis), im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, ab dem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung. Die Anfechtung ist insgesamt ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
Wirkung der Anfechtung
Eine wirksame Anfechtung führt gem. § 142 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an (ex tunc). Bei Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses führt die Anfechtung hingegen lediglich zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft (ex nunc).
Arglist bei Anbahnung des Arbeitsverhältnisses
Die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze gelten auch bei der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen (Anbahnungsverhältnis). Im Bereich des Arbeitsrechts handelt es sich beispielsweise bei einer unwahren Beantwortung einer in einem Einstellungsfragebogen zulässigerweise gestellten Frage um eine arglistige Täuschung. Die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber also dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, wenn die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Die Täuschung über das Nichtvorhandensein einer Schwangerschaft berechtigt hingegen nicht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums.
Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund wirksamer Anfechtung nichtig, obwohl es bereuts in tatsächlicher Hinsicht schon für eine gewisse Zeit vollzogen wurde (Arbeitnehmer hat gearbeitet und der Arbeitgeber hat das Entgelt gezahlt), dann muss wegen der Rückabwicklung der dadurch geschaffenen Fakten auf das Rechtsinstitut des sog. faktischen Arbeitsverhältnisses zurückgegriffen werden.
Das Anfechtungsrecht kann auch nach Treu und Glauben verwirkt werden. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber als Anfechtungsberechtigter das Recht längere Zeit nicht ausübt, obwohl es ihm möglich und zumutbar war (sog. Zeitmoment) und dadurch beim Arbeitnehmer als Anfechtungsgegner das berechtigte Vertrauen geschaffen wurde, die Anfechtung werde nicht erfolgen, sodass er sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eingerichtet hat (sog. Umstandsmoment).
Arglist beim Kauf gebrauchter Kraftfahrzeuge
Im Rahmen eines Kaufvertrags hat der Verkäufer den Käufer auf solche Umstände hinzuweisen, die Voraussetzung für eine sachgerechte Benutzung sind. Wesentliche Mängel einer Kaufsache dürfen nicht verschwiegen werden, bei besonders schwerwiegenden Mängeln genügt bereits der Verdacht bzgl. des Vorliegens eines Mangels. Im Falle eines Kfz-Kaufvertrags muss der Verkäufer auf Unfallschäden hinweisen, bei einem schweren Unfall zudem auch über den Umfang des Schadens und die Art der Reparatur aufklären. Kommt der Verkäufer seiner Offenbarungspflicht nicht nach, ist der Käufer berechtigt, den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.